Bewegung ist das A und O
Auch Patienten mit Herzschwäche sollten sich in Maßen fordern und im Schongang die Leistung steigern
Luftnot ist häufig ein alarmierendes Zeichen, das weniger mit der Lunge zu tun hat, wie man als Laie vermuten könnte. Es ist oft ein Symbol für ein schwaches Herz.
Was versteht man eigentlich unter Herzschwäche?
Herzinsuffizienz, auch Herzschwäche genannt, ist die Bezeichnung für die Unfähigkeit des Herzens, die vom Körper momentan benötigte Blutmenge zu fördern. Die chronische Herzinsuffizienz entwickelt sich im Verlauf von Monaten oder Jahren, betrifft überwiegend ältere Menschen und mehr Männer als Frauen. Die häufigste Ursache der Herzinsuffizienz ist in westlichen Ländern eine Durchblutungsstörung des Herzens, die zweithäufigste ein schlecht eingestellter Blutdruck. Herzschwäche ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit und in Deutschland seit drei Jahren der häufigste Grund aller Krankenhauseinweisungen, wie Dr. Klaus Edel erklärt, Chefarzt an der Klinik für Kardiologie am Herz- und Kreislaufzentrum in Rotenburg.
Welche Symptome treten auf?
Häufigstes Symptom der Herzschwäche ist Luftnot, die zunächst bei körperlicher Belastung auftritt, in fortgeschrittenem Stadium auch in Ruhe. Die Luftnot verstärkt sich oft beim Hinlegen, was zu bedrohlichen nächtlichen Anfällen von Atemnot und Husten führen kann. Beim Aufsetzen bessert sich die Luftnot aber rasch wieder.
Kann Bewegung der Herzschwäche entgegenwirken?
Definitiv ja, sagt Edel. Bewegung sei der erste Schritt der Behandlung nahezu jeder chronischen Krankheit. Sie schütze vor vielen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Krebs und Herzinfarkt und wirke, zusammen mit der medikamentösen Behandlung, auch der Herzschwäche entgegen. Bei bestimmten Formen der Herzschwäche sei Bewegung sogar das einzige Mittel, das zu einer Besserung führe, betont Edel.
Wie wirkt sich Bewegung aus?
„Richtig dosierte Bewegung entlastet das Herz und stärkt die Kraftwerke in unseren Muskeln, die dann mehr Sauerstoff in den Muskelstoffwechsel einschleusen“, erklärt der Mediziner. Als „absolut überholt“ bezeichnet er den Ratschlag an Menschen mit Herzschwäche, sicherheitshalber gar keinen Sport zu treiben.
Welche Art von Bewegung ist empfehlenswert?
Menschen mit Herzschwäche sollten im Schongang die Leistung steigern, so Edel. „Ein erster Schritt könnte beispielsweise sein, mehrmals täglich zehn Minuten lang auf der Ebene spazieren zu gehen.“ Der Puls sollte dabei nur um wenige Schläge pro Minute ansteigen. Der Mediziner empfiehlt, eine Sportart auszuwählen, die Freude macht und sich auch mit Gleichgesinnten ausüben lässt. Edel: „Steigern Sie die Länge Ihrer Übungseinheit, dann die Häufigkeit der Bewegungen und zuletzt die Trainingsintensität.“
Wie lässt sich sportliche Betätigung in den Alltag integrieren?
„Legen Sie kleine Wegstrecken zu Fuß zurück“, empfiehlt Dr. Edel. „Nutzen Sie die Zeit vor dem Fernseher, um Ihre Muskeln an Armen, Beinen, Po und Bauch nacheinander einfach für wenige Sekunden anzuspannen und wieder loszulassen. Fangen Sie mit einem Mal an und steigern Sie langsam die komplette Übung.“ Pressatmung, wie etwa beim Stuhlgang, sollte komplett vermieden werden. Der Atem sollte stetig und ruhig fließen.
Welche Bewegung sollte vermieden werden?
Solange der Puls nicht um mehr als zehn Prozent steige, könne das Herz nicht geschädigt werden, sagt Edel. Deshalb sollten Betroffene unbedingt lernen, den eigenen Puls zu messen. Jede Bewegungsart sei möglich. Klimmzüge, Liegestützen oder das Eintauchen in eiskaltes Wasser nach der Sauna sollten wegen eines krisenhaften Blutdruckanstieges allerdings vermieden werden. „Überfordern Sie sich nicht. Freuen Sie sich über kleine Ziele“, rät der Chefarzt.
Zur Person
DR. KLAUS EDEL ist 59 Jahre alt und stammt aus Pirmasens. Er studierte Medizin in Mainz und ließ sich später an verschiedenen Kliniken zum Internisten sowie in Sportmedizin Rehabilitation, Kardiologie und Diabetologie ausbilden. Er war zunächst Chefarzt in Bad Hermannsborn, in Rotenburg, in Bayerisch Gmain und ist seit 2016 wieder in Rotenburg. Hier lebt er auch mit seiner Frau. Seine Schwerpunkte sind Kardiodiabetologie und Herzinsuffizienz. Seit 2003 ist er Leiter der Übungsleiter-Ausbildung des Hessischen Behinderten-und Rehabilitationssportverbandes, war von 2005 bis 2010 Dozent an der Fachhochschule Köln und ist seit 2009 Vorsitzender der Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz- und Kreislauferkrankungen in Hessen und Landessportarzt für Präventions- und Reha-Sport in Hessen. Seit 2015 ist er leitender Landessportarzt des deutschen Behindertensportverbands. (zmy)
Hier finden Sie den Bericht aus der Hersfelder-Zeitung vom 18.07.2018