Das künstliche Hüftgelenk
Wenn das eigene Hüftgelenk beispielsweise durch Abnutzung, Unfallfolgen oder rheumatische Erkrankung so schwer beschädigt ist, dass Medikamente, Physiotherapie und Gehhilfen die Lebensqualität nicht mehr aufrecht erhalten können, wird dem Betroffenen oft zum künstlichen Hüftgelenkersatz geraten – allein in Deutschland weit über 100.000 Mal im Jahr.
Meist führen aus der Leistenregion in den Oberschenkel ausstrahlende Schmerzen und eine zunehmende Bewegungseinschränkung im Hüftgelenk die Patienten zum Hausarzt oder Orthopäden. Findet dieser eine typische Minderung der Drehfähigkeit im Gelenk, Leistendruckschmerz und vielleicht auch eine Beinverkürzung im Seitenvergleich, so wird nach anderen möglichen Ursachen wie einem Leistenbruch einer Veränderungen der Lendenwirbelsäule gefahndet. Ist auch diese Untersuchung unauffällig, hilft in den meisten Fällen ein Röntgenbild der Hüfte. Nun können dem Patienten zunächst konservative Maßnahmen angeboten werden. Reichen diese jedoch nicht aus, ist eine Operation in der Regel unvermeidlich.
Operation nicht immer notwendig
Grundsätzlich bietet ein operativer Eingriff gute Chancen, ein sehr zufrieden stellendes Ergebnis zu erlangen. Der „endoprothetische Hüftgelenkersatz“ gilt als eines der erfolgreichsten Verfahren in der gesamten operativen Medizin. Sehr häufig wird damit eine weitgehende Schmerzfreiheit und annähernd normale Beweglichkeit sowie Gehfähigkeit erreicht. Jedoch stellt dieser auch ein Gefahrenpotenzial dar, wenn beispielsweise Infektionen statt der erhofften, lebenslangen Beschwerdefreiheit eine ebenso lange Leidenszeit auslösen.
Umso wichtiger ist deshalb eine sorgfältige Ausführung des Eingriffs und die Auswahl der Implantate. Kleine Schnitte können die Weichteile schonen und damit die Muskelfunktion nach der Operation günstig beeinflussen – die Rehabilitation ist schneller und teils auch der Blutverlust geringer. Diese dürfen aber keinesfalls zu einer schlechteren Positionierung der Prothesenteile führen, da so die Ausrenkungsgefahr und ein vorzeitiger Verschleiß oder Lockerung begünstigt werden können. Dem folgt die Frage nach der Prothese selbst: Konventionell, als Kurzschaft oder mittels neueren, in der Länge dazwischen liegenden Implantaten? “Zementfrei“ in den Knochen eingepresst, so dass dieser an die Prothese anwachsen kann oder mit „Knochenzement“ verankert? Wie so oft in der Medizin ist die Empfehlung hier individuell abzuwägen. Dabei können Statistiken helfen: Die besten Schaftmodelle einzelner Hersteller haben bereits Haltbarkeiten von 96 % nach über 18 Jahren nachgewiesen. Dies ist – sofern auch die Pfanne über diesen Zeitraum hält – tatsächlich für viele ältere Patienten eine lebenslange Hilfe. Besonders für jüngere Patienten stehen bei geeigneter knöcherner Situation Kurzschaftprothesen zur Verfügung, die sich, anders als Kappenprothesen, besonders gut minimalinvasiv einsetzen lassen. Einige dieser Modelle werden inzwischen seit über 15 Jahren routinemäßig verwendet und haben sich in Funktion und Haltbarkeit sehr gut bewährt.
Individuelle Behandlung dank verschiedener Modelle
In der Orthopädie Bad Hersfeld werden rund 350 Hüftprothesen jährlich eingesetzt. Wenn es geht mit möglichst kleinem Schnitt – ausschließlich mit bewährten konventionellen und Kurzschäften, die u.a. im bundesweiten Prothesenregister ihre besonders gute Haltbarkeit beweisen konnten. Beide werden fast immer mit einer ebenfalls erwiesenermaßen besonders haltbaren Titanpfanne und Keramikgleitpaarung kombiniert. Ist eine solche Prothese gut eingesetzt und verheilt, übernimmt der Patient einen wesentlichen Teil der Verantwortung für das weitere Prothesenleben: Vermeidung starken Übergewichts, extremer Bewegungen und Stoßbelastungen wie beim Sport steigern die Aussicht auf „lebenslänglich“.
Weil die Lebensqualität oberste Priorität hat
Renate Stückrath erhält in der Orthopädie zwei neue Hüften
Ich will, ich kann, ich werde – so steht es auf der Postkarte, die Renate Stückrath der Orthopädie Bad Hersfeld geschickt hat. Rund zwei Jahre ist es nun her, dass die Wahl-Hersfelderin die Einschränkungen durch ihre Hüftschmerzen nicht mehr hinnehmen wollte und sich für zwei neue Hüftgelenke entschieden hat.
Die Familie von Renate Stückrath kann vor allem als sportlich beschrieben werden. Während die 75-jährige sich heute aufs Schwimmen (5 bis 7 Mal in der Woche schwimmt sie 1000 Meter), Radfahren, Walking und Yoga konzentriert, sind auch die beiden Kinder des Paares in Hersfeld als gute Leistungschwimmer bekannt. „Unser gesamtes Familienleben war immer von ganz vielen Sportarten geprägt muss ich sagen. Nur eines gab es dabei nicht und das war Langeweile“, schmunzelt sie. Umso schwieriger dann im Herbst 2019 die Gewissheit: Beide Hüf- ten müssen operiert werden.
Die ersten Symptome fasst Renate Stückrath als ein Brennen und Schmerzen in der Leiste zusammen: „Ich wollte natürlich nicht gleich auf den Sport verzichten und habe mich sicherlich das ein oder andere Mal weiterhin an meine Schmerzgrenze gebracht.“ Ihr Trainer ist es schließlich, der sie auf die Möglichkeit einer kaputten Hüfte aufmerksam macht. Kurzerhand kontaktiert Renate Stückrath die Orthopädie in Bad Hersfeld, die sie durch eine Operation ihrer Mutter noch in positiver Erinnerung hatte.
„Ich hatte die Schmerzen ganz deutlich inder Hüfte gespürt“
Im Termin mit dem ärztlichen Direktor Dr. Thomas Härer ist direkt klar: Um den normalen, schmerzfreien Gang wieder herzustellen und die Sportlichkeit seiner Pa- tientin zu erhalten, müssen sowohl die rechte als auch die linke Hüfte operiert und gegen ein Implantat getauscht werden. Kurzerhand entscheidet sich die Berufsschulpädagogin für die beiden Eingriffe, die für das Frühjahr 2020 und 2021 geplant werden. „Mir war bewusst, dass damit zwei anstrengende und vermutlich auch schmerzvolle Jahre vor mir liegen würden. Ich wusste aber, dass es mir danach besser geht und ich wieder mehr Lebensqualität erfahren werde“, berichtet sie heute. Dem stimmt ihr behandelnder Arzt Dr. Härer zu:
„In der Regel warte ich mit solch einer Operation, bis die Schmerz- grenze der Patienten erreicht ist und der Eingriff unumgänglich wird. Das war bei Frau Stückrath nun der Fall. Vor allem aufgrund ihres aktiven Lebensstils war es wichtig, hier zu handeln.“ Die Zeit nach der Operation hat sie auch heute noch positiv in Erinnerung. So seien die Schmerzen nur in den ersten Tagen direkt nach dem Eingriff etwas stärker gewesen und sie habe bereits zwei Tage nach der Operation wieder erste Schritte alleine tätigen können. „Die Pfleger haben mir gut bei den ersten Handgriffen geholfen und mich während den 10 Tagen in der Orthopädie wirklich gut unterstützt“, lobt die ehemalige Lehrerin die Mitarbeiter. Auch in der Reha im Anschluss habe sie schnell gute Fortschritte gemacht. „Die Fachkräfte vor Ort waren positiv überrascht. Im Nachhinein betrachtet weiß ich, dass das Team von Dr. Härer und er selbst mich wirklich gut vorbereitet dorthin entlassen haben.“
Gut vorbereitet in die Reha
Nur rund ein Jahr verging zwischen den beiden Eingriffen. Nicht bei jedem Patienten sieht Dr. Härer die Implantation beider Hüften für notwendig. Bei denjenigen, bei denen dieser Schritt unumgänglich ist, rät Härer zu einer individuellen Zeitspanne zwischen den beiden Eingriffen: „Ein Jahr ist schon eine verhältnismäßig kurze Zeit. In der Regel dauert die Hei- lungsphase etwas länger.“ Bei Renate Stückrath jedoch nicht, sodass die Rentnerin ausreichend Mut und auch Zuversicht hatte, rund ein Jahr nach dem ersten Eingriff die Schmerzen eines zweiten Eingriffs erneut in Kauf zu nehmen. Härer: „Wir hatten beide genug Mut und Vertrauen ineinander. Ich wusste, dass sie ihr vorheriges Leben vermisst und nicht noch mehr Zeit verlieren wollte. Da die Heilung sehr gut verlief, stand dem zweiten Eingriff im Februar nichts mehr im Wege.“
Warum bei ihr beide Hüften ope- riert werden mussten, kann nicht eindeutig benannt werden. In sei- ner Diagnose nennt Härer den Be- griff „altersbedingten Verschleiß“. Dieser könne einige Menschen früher treffen, andere später und manche nie. Während Renate Stückrath vor allem auch die körperliche Arbeit während ihrer Jugend im elterlichen Betrieb als einen Faktor sieht, betont ihr behandelnder Arzt, dass die Verschleißerscheinungen teilweise auch erblich bedingt sein können oder durch Fehlstellungen verursacht werden. „Sicher ist, dass Frau Stückrath ohne ihren aktiven Lebensstil sicherlich schon viel früher medizinischen Rat hätte aufsuchen müssen“, so Härer. Gerade Menschen, die ihr Leben lang im Büro sitzen und in ihrer Freizeit wenig Sport treiben, seien betroffen. Der Experte rät denjenigen, die ähnliche Symptome verspüren, frühzeitig einen Mediziner aufzusuchen und sich vorzustellen.
Frühzeitig beim Fachmediziner vorstellen
„Der Facharzt ist in der Lage, die optimale Behandlung und den richtigen Zeitpunkt für den Eingriff vorzuschlagen. Das kann er aber besser, je länger er den Patienten und die mögliche Verschlechterung seines Zustandes kennt“, ergänzt der Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie. „Auf diese Weise kann ich vermeiden, dass meinem Patienten noch ein Sommer wegen Schmerzen und Einschränkungen in der Bewegung verloren geht.“ Rund acht Monate nach dem zweiten Eingriff erinnert nur noch wenig an die beiden Operationen. „Die Muskeln und Sehnen brauchen noch etwas Zeit, sich wieder an einen ‚richtigen‘ Laufstil anzupassen, da sie ja in den vergangenen Jahren immer weiter in eine Fehlstellung gebracht wurden. Das gibt Muskelkater“, schmunzelt Härer. Den hat auch Renate Stückrath, die nun wieder ihre 1000 Meter schwimmt, Fahrrad fährt und walkt, bereits gemerkt. „Ich brauche heute keine Schmerztabletten mehr, kann mit meinen Kindern und Enkeln die verschiedensten Aktivitäten gemeinsam genießen und erfahre nun wieder eine ganz neue Lebensqualität“, bedankt sich Renate Stückrath bei Dr. Thomas Härer.
Hersfelder Orthopädie trotzt dem Trend
Weiterhin hohe Patientenzahlen
Während bedingt durch die aktuell herrschende Pandemie gerade Intensiv- und Corona-Stationen an ihre Auslastungsgrenzen stoßen, zeigt ein gegenläufiger Trend die Herausforderung von unzähligen Kliniken Deutschlands: Um rund 20 Prozent ist die Auslastung in deutschen Krankenhäusern in den vergangenen zwei Jahren gesunken. Dies betrifft in besonderem Maße die sogenannten Wahleingriffe, d.h. solche Operationen oder Behandlungen, bei denen es sich nicht um Notfälle handelt. Beispiele sind künstliche Hüftgelenke oder auch Knieersatzoperationen. Hier zeigt sich für das erste Halbjahr des Jahres 2021 ein Rückgang von durchschnittlich über 20 Prozent – nicht so in der im Hersfelder Kurpark gelegenen Orthopädie.
Im Interview dazu spricht Dr. Thomas Härer über die Patientenzahlen: „Trotz einer kurzfristigen coronabedingten Unterbrechung und einzelnen Umbauarbeiten können wir auch in diesem Jahr wieder ein gutes Ergebnis vor allem in der Endoprothetik verzeichnen. Der deutschlandweite Trend der Rückgänge zeigt sich damit bei uns nicht in dieser Form ab.“ Den Hintergrund dazu sieht Härer in der nachweislichen und auch mit Auszeichnungen bestätigten überdurchschnittlich hohen Patientenzufriedenheit, die zu einer ebenfalls hohen Weiterempfehlungsrate führt. „Es kommt eigentlich täglich vor, dass ein neuer Patient bereits ein Familienmitglied oder einen Bekannten hat, den ein Kollege von mir operiert hat. Die Menschen machen positive Erfahrungen in unserem Haus, die über den rein medizinischen Aspekt hinausgehen“, ergänzt Härer und spricht damit auch die Unterbringung und die Zusatzangebote der Orthopädie an. Rund 800 künstliche Gelenke setzen er und seine Kollegen mit verschiedenen medizinischen Schwerpunkten jährlich ein.
Nichtsdestotrotz habe auch die Orthopädie immer häufiger freie Betten – während die Anzahl der Eingriffe weiterhin auf einem hohen Level verbleibt. Dazu Härer: „Immer mehr Eingriffe können auch ambulant durchgeführt werden, sodass die Patienten nicht hier auf der Station aufgenommen werden können, sondern unmittelbar nach Hause gehen. Für einige, kleinere Eingriffe ist dies sicherlich eine erfreuliche Entwicklung.“ Für die Vielzahl der von seinem Team durchgeführten Eingriffe empfiehlt der Orthopäde jedoch weiterhin, sich Zeit und Ruhe selbst zu verordnen und den Heilungsprozess nicht überstürzt anzugehen.
Chefarzt Ärztlicher Direktor Dr. med. Thomas Härer Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Notfallmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie, Röntgendiagnostik Skelett, Physikalische Therapie |
Leitender Oberarzt Abt.-Leiter Rheuma-Orthopädie Dr. med. Markus Mende Facharzt für Orthopädie-Rheumatologie, Chirotherapie, Physikalische Therapie, Röntgendiagnostik Skelett |
Hier finden Sie den Bericht aus der Hersfelder-Zeitung vom 08.01.2022