Ein Chefarzt zieht Bilanz
Ein Haus im Umbruch hat Privatdozent Dr. Dieter Fischer aufgefunden, als er vor einem knappen Jahr seine Stelle als neuer Chefarzt der Kardiologie im Rotenburger Herz-Kreislauf-Zentrum (HKZ) antrat. Ein Umbauprozess, der auch zwei Jahre nach der großen Klinik-Fusion fortdauert. „Neben baulichen Maßnahmen greifen inhaltliche Maßnahmen, um das HKZ auf Kurs zu bringen“, sagt der Mediziner, der von der Uniklinik in Münster auf den Hausberg gekommen ist.
Um einer modernen Kardiologie gerecht werden zu können, sei die Verantwortung auf vier Schultern verteilt worden. Professor Dr. Holger Nef, Dr. Stefan Steiner, Dr. Reinhard Funck und Dr. Dieter Fischer bilden ein Team. Die Zeiten, in denen die breite Palette der Herzkrankheiten von nur einem Chefarzt abgedeckt wurde, seien passé. „Es gibt nicht mehr den Generalisten in der Kardiologie“, unterstreicht der Chefarzt.
Keinen Stein auf dem anderen gelassen hat das Vierergespann. „Wir haben gewaltig umstrukturiert“, sagt Fischer. Dies sei notwendig gewesen, um mit dem Zug der Zeit mithalten zu können. Um der Forderung der Kostenträger nach Verkürzung der Liegezeit nachzukommen, sei die Schaffung von neuen Strukturen notwendig gewesen. Vor diesem Hintergrund werde auf ambulante Voruntersuchungen gesetzt. „Es geht darum, den stationären Aufenthalt maximal zu verkürzen“, ergänzt Dr. Tobias Hermann, Medizinischer Direktor des Klinikums Hersfeld-Rotenburg.
Um den Standort dauerhaft zu erhalten, müssten zudem die vorhandenen Leerstände optimal genutzt werden. Als Beispiel nennt Hermann die Verlagerung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie von Bad Hersfeld nach Rotenburg. „Im HKZ sind die räumlichen Flächen vorhanden.“
Beide Mediziner werden nicht müde, zu betonen, dass das HKZ Kardiologie und Herzchirurgie auf universitären Niveau biete – „und das im ländlichen Raum; das ist einmalig“. „Wir sind ein kardiologischer Maximalversorger“, betont Fischer. „Es gibt in Sachen Herz nichts, was wir hier nicht machen könnten.“ Hier greife der ideelle Verbund mit dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg und der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim, der mit einem Wissenstransfer in die Region verknüpft sei. Mit dem Zentrum für Cardio-Pulmonale-Medizin (CPM) werde auf Hochleistungsmedizin rund um Herz und Lunge gesetzt.
Als kritischen Punkt erachtet Fischer den Investitionsstau, mit dem das Haus zu kämpfen hat. „Aber: Wir haben die Probleme erkannt und setzen alles daran, diese zu lösen.“ Aktuelle Investitionen seien in das neue Katheterlabor, in die Inbetriebnahme der Intermediate Care Station und in neue Monitore für die Intensivstation geflossen. Nicht zu vergessen: die Rezertifizierung der Chest Pain Unit (Brustschmerz-Einheit).
Neu ausrichten mussten sich nach der Klinik-Fusion – das zu 100 Prozent kreiseigene Klinikum Bad Hersfeld hatte 2016 die bis dato privatwirtschaftliche Fachklinik erworben, die in eine finanzielle Schieflage geraten war – auch die HKZ-Mitarbeiter. „Der Umstrukturierungsprozess war für alle nicht einfach“, resümiert Fischer. Dennoch sei es mit Überzeugungsarbeit gelungen, das Gros der Mitarbeiter mitzunehmen.
Wie der Medizinische Direktor des Klinikums Hersfeld-Rotenburg, Dr. Tobias Hermann, bestätigt, hätte es bislang keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben. Man hätte den Mitarbeitern, die von den Umstrukturierungen betroffen seien, adäquate Stellen innerhalb des Konzerns angeboten. Aktuell seien in der Kardiologie 30 Ärzte tätig. Die Besetzung im pflegerischen Bereich sei stabil. Allerdings lasse sich ein Engpass innerhalb der Intensivmedizin verzeichnen: „Hier benötigen wir dringend Pflegekräfte.“ Lösungsansatz könnten interne Weiterbildungen sein. (Stefanie Harth) +++
Hier finden Sie den Bericht in Osthessen-News vom 26.03.2018