Keiner ist hier allein


An der Seite der Patienten: Mitgefühl und Verständnis zeigen gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Grünen Damen, die es mittlerweile seit 36 Jahren im Klinikum gibt.

Ganze 35 Jahre jung sind die Grünen Damen im Klinikum Bad Hersfeld im vergangenen Jahr geworden. Die Jubiläumsfeier der ehrenamtlich im Besuchsdienst arbeitenden Rentnerinnen musste leider abgesagt werden und kann auch dieses Jahr voraussichtlich nicht wie geplant stattfinden. Trotzdem gibt es einen Lichtblick: Seit fünf Wochen dürfen die weiß gekleideten Damen mit ihren grünen Schals wieder Patienten im Krankenhaus aufsuchen.

„Mir ist erst jetzt, wo wir wegen Corona anderthalb Jahre unseren Dienst nicht ausüben durften, bewusst geworden, wie wichtig unsere Aufgabe ist“, erzählt Brigitte Kubicek, Einsatzleiterin der Grünen Damen seit 2009.

Früher selbst beruflich in der Pflege und später in der Kommunikationszentrale des Bad Hersfelder Krankenhauses tätig, hat die heute 76-Jährige festgestellt, dass im Klinikalltag mittlerweile weniger Zeit für Gespräche mit den Patienten zur Verfügung steht als früher. Und genau dafür seien die 25 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen der Grünen Damen da. 16 Frauen teilen sich die Patientenbesuche auf den Stationen und neun sogenannte „Bücherdamen“ sind mit einem Wagen unterwegs, der den Patienten Bücher aus der ungefähr 1500 Titel umfassenden Patientenbibliothek zum Ausleihen anbietet.

Bei den Besuchen auf den Zimmern der Patienten sei es vor allem wichtig, Mitgefühl und Verständnis zu zeigen, berichtet Kubicek. „Alles wird gut – das würde ich niemals sagen“, betont sie. Aber einfach die Hand halten, zuhören und, wenn gewünscht, ein gemeinsames Gebet sprechen oder ein Lied anstimmen – das vermittele am deutlichsten die wichtige Botschaft der Grünen Damen: „Keiner ist hier allein“.

Das zeigt auch eine der schönsten Erinnerungen von Brigitte Kubicek: Vor einer Operation habe sie einmal einer verzweifelten Frau beigestanden. Der Kontakt zu ihr bestand dann noch lange nach dem Krankenhausaufenthalt bis zu deren Tod weiter.

Zu den Grünen Damen kam die aktive Rentnerin, weil sie sich nach langjähriger Berufstätigkeit im Klinikum einfach nicht verabschieden wollte. Die bezahlte Stelle tauschte sie dann 2007 ins Ehrenamt ein. Nun ist sie drei bis fünf Stunden täglich zum Zuhören, Mut machen, aber auch mal um Kleidung oder andere fehlende Dinge zu besorgen, auf der ihr zugeteilten Station unterwegs.

Für dieses und andere Ehrenämter hat Kubicek 2020 die Ehrenplakette des Kreises Hersfeld-Rotenburg verliehen bekommen.

Wer heute anfangen will, als grüne Dame zu arbeiten, wird erst mal zum Schnuppern mitgenommen. „Fit in der Gesprächsführung zu sein ist eine wichtige Qualifikation für das Ehrenamt und auch die Fähigkeit, das erlebte Leid nicht mit nach Hause zu nehmen.“, erklärt die Einsatzleiterin.

„Früher sind wir in die Patientenzimmer gegangen und haben uns als ,Grüne Damen‘ vorgestellt. Da bekamen wir oft ein ,Raus‘ zu hören, weil die Patienten anscheinend durch unsere Anwesenheit nicht daran erinnert werden wollten, dass sie im Krankenhaus sind“, erzählt Kubicek. Heute stellt sie sich und die von ihr geschulten Mitstreiterinnen direkt als „ehrenamtliche Mitarbeiter“ vor. Da sei die Resonanz dann freundlicher.(Foto,Text: VON TABEA PAUSCH_HZ12.11.21)