Kleines Gerät, große Wirkung
Halbautomatische Defibrillatoren können Leben retten und von jedem Laien bedenkenlos bedient werden
Pro Tag sterben in Deutschland 350 Menschen am plötzlichen Herztod, Ursache ist meist sogenanntes Kammerflimmern. „Dabei ist Kammerflimmern eigentlich leicht therapierbar“, sagt Dr. med. Reinhard C. Funck, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Intensivmedizin am Klinikum Bad Hersfeld. Und zwar mit einem halbautomatischen externen Defibrillator (AED), wie es ihn bereits an einigen Orten im Landkreis gibt.
Können Defibrillatoren wirklich von Laien bedient werden?
Ja, das ist kein Problem. Der Benutzer muss nur den Koffer mit dem Gerät öffnen und dieses einschalten. Das Gerät gibt dann die entsprechenden Anweisungen. Es spricht sozusagen mit dem Anwender, außerdem erklären Zeichnungen, was zu tun ist.
Wie funktioniert der „Defi“ für Laien?
Das kleine und leichte Gerät analysiert das EKG des Patienten und sucht nach schockwürdigen Herzrhythmusstörungen. Bei Bedarf verabreicht es einen elektrischen Schock. Die zwei Elektroden werden am Oberkörper direkt auf der Haut angebracht. Eine auf der linken Seite, wo sich das Herz befindet, und eine rechts im oberen Brustbereich. Die weiteren Anweisungen erteilt der „Defi“. Während des Schocks müssen die beteiligten Personen vom Patienten zurücktreten. Auch das kündigt der „Defi“ aber kurz vorher an.
Wann wird das Gerät angewendet?
Wenn der Patient bewusstlos auf dem Boden liegt, auf Ansprache nicht antwortet, nicht atmet und kein Puls zu fühlen ist, liegt mit praktisch hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Kammerflimmern vor. Das Gerät kann bei Kindern genauso wie bei Erwachsenen angewendet werden. Wenn kein Gerät vorhanden ist, oder solange bis man es zur Hand hat, sollte unbedingt die übliche manuelle Herzdruckmassage vorgenommen werden. Mund-zu-Mund oder Mund-zu-Nase-Beatmung ist nicht erforderlich.
Sind diese „Laien-Defis“ die gleichen, die auch von den „Profis“ benutzt werden?
Die Funktion ist im Prinzip die gleiche. Der Profi prüft und entscheidet allerdings selbst, ob ein Schock notwendig ist, sprich: eine schockwürdige Herzrhythmusstörung vorliegt. Der größte anzunehmende Rhythmusunfall ist das Kammerflimmern. Das Laien-Gerät nimmt dem Anwender diese Prüfung ab und entscheidet selbst.
Kann etwas schief gehen und welche Folgen können Fehler bei der Bedienung haben?
Bei der Bedienung kann eigentlich nichts schiefgehen, da das Gerät alle Schritte mit gesprochenem Text genau erklärt und nur schockt, wenn dies auch wirklich notwendig ist. Wenn nicht, und sich der Benutzer zum Beispiel beim Zustand des Patienten geirrt hat, passiert deshalb nichts. Wichtig ist natürlich, die Elektroden in der richtigen Position und direkt auf der Haut anzubringen. Nur durch Nichtstun, kann man etwas falsch machen, sagt Dr. Funck.
Können „Defis“ wirklich Leben retten?
Ja. Die einzig effektive Therapie beim plötzlichen Herztod beziehungsweise Kammerflimmern ist die frühzeitige Defibrillation. Je früher diese durchgeführt wird, umso höher ist die Überlebenswahrscheinlichkeit des Betroffenen und die Chance auf eine adäquate Lebensqualität danach. Die einzuhaltende Rettungsfrist von zehn Minuten ist beim plötzlichen Herztod eigentlich schon zu lang. Das Herz ist zwar vergleichsweise „resistent“, aber das Gehirn ist sehr empfindlich und bei Sauerstoffmangel kann es schon nach einer Minute zu irreparablen Schädigungen kommen. Wenn ein „Defi“ vorhanden ist, ist dessen Anwendung der normalen Herzdruckmassage vorzuziehen.
Wo sollten Defibrillatoren zur Verfügung stehen?
Der plötzliche Herztod tritt, wie der Name schon sagt, plötzlich und unerwartet auf. Er kann im Prinzip jeden überall treffen. Sinnvoll ist das Bereitstellen von „Defis“ laut Dr. Funck überall dort, wo viel Publikumsverkehr herrscht, etwa an Bahnhöfen oder Flughäfen, aber auch in Sportstätten, wo sich junge wie alte Menschen körperlich betätigen. Denn gerade dabei kommt es häufig zu Notfällen. Etwa wenn sich jemand nach langer Inaktivität im Alter überanstrengt, aber auch bei unerkannten Vorerkrankungen oder Herzmuskelentzündungen, die im Rahmen eines jeden Virusinfekts auftreten können.
Der Experte
DR. MED. REINHARD C. FUNCK kommt ursprünglich aus Nentershausen und ist seit September 2008 Chefarzt der Klinik für Kardiologie und Intensivmedizin am Klinikum Bad Hersfeld. Zuvor war er viele Jahre lang an der Uniklinik Marburg tätig. Studiert hat Reinhard Funck in Marburg und Amsterdam. (Foto,Text:nm)