Lungenarzt Michulla wechselt ans HKZ
Die nächste Überraschung in der Gesundheitslandschaft des Kreises Hersfeld-Rotenburg ist perfekt:
Der renommierte Lungenfacharzt Dr. Rainer Michulla wechselt vom Kreiskrankenhaus (KKH) ans Herzkreislaufzentrum HKZ.
Am Sonntag habe er einen Vertrag als Leitender Arzt für Pneumologie (Lungenheilkunde) sowie für Beatmungs- und Schlafmedizin unterzeichnet, sagte der 58-Jährige am Dienstagmittag. Einen Tag zuvor hatte er die Verantwortlichen am Kreiskrankenhaus informiert, wo er seit 1999 gearbeitet hatte, zuletzt als Chefarzt der Pneumologie. Als Grund für den überraschenden Wechsel nennt der Facharzt die neuen Strukturen am HKZ. Bislang habe die verantwortliche Arbeit allein auf seinen Schultern gelegen. Das sei am HKZ in Zukunft anders. Dort entsteht unter der Leitung von Chefarzt Professor Dr. Ulrich Wagner ab Jahresbeginn ein neues Lungenzentrum. Michulla rechnet fest damit, das derzeit nicht genutzte Schlaflabor am HKZ schon im ersten Quartal 2017 in Betrieb nehmen zu können. Wann er genau seine Arbeit dort beginnt, ist aufgrund noch nicht geklärter Vertragsdetails noch offen. „Spätestens zum 1. Juli 2017, von mir aus aber gern direkt zum neuen Jahr“, sagt er. Michulla betont, nicht vom HKZ abgeworben worden zu sein. Er habe sich allein aus fachlichem Interesse über die neuen Strukturen informiert und sei dann von sich aus auf die Konzernleitung zugegangen. Das Konzept sei schlüssig, das finde er einfach gut, sagt er.
„Damit können wir die Pneumologie im Sommer begraben“, sagt Dr. Martin Oechsner, Ärztlicher Direktor des KKH. Der neue Klinikverbund im Kreis habe ein großes Ziel erreicht, „die Schlinge um den Hals des Kreiskrankenhauses enger zu ziehen“. Der Weggang Michullas sei sehr bedauerlich und auch bedrohlich. Die Lungenheilkunde sei ein wichtiger Faktor für den Standort gewesen.
Keine Chance zu reagieren
Vollkommen überraschend sei die Nachricht gewesen, sagt der ärztliche Direktor des Kreiskrankenhauses, Dr. Martin Oechsner. Dass der Rotenburger Lungenspezialist Dr. Rainer Michulla an das HKZ wechseln wolle, habe er ihm und anderen Verantwortlichen am Montagabend, einen Tag nach der Vertragsunterzeichnung mitgeteilt. „Wir hatten keine Chance zu reagieren“, sagt Oechsner, dem auch nichts von einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch in Michullas Praxis bekannt war, bei dem dieser seinen Wechsel offiziell machte. Die Lungenfachabteilung am Kreiskrankenhaus fortzuführen, mache dann keinen Sinn mehr, sagt Oechsner. „Dr. Michulla weist sich aus seiner Praxis heraus selbst Patienten zu“, so der ärztliche Direktor. Diese würden dann zukünftig wohl im Klinikverbund behandelt. Zudem gehe er davon aus, dass Michulla weiteres Personal mitnehmen werden. Über die Konsequenz seiner Entscheidung war sich Michulla zumindest annähernd bewusst. „Die Zahl der stationären Behandlungen in der Pneumologie wird sich am KKH reduzieren“, sagte er am Dienstag gegenüber unserer Zeitung und nannte mehrere Gründe für seinen Wechsel. „Es eröffnen sich Chancen, die ich am KKH so nicht sehe“, sagt Michulla. Vor allem hoffe er, junge Kollegen in die Region locken zu können. „Das ist bei einer kleinen Struktur aber leider nicht möglich. Anders am HKZ. „Wir bekommen einen Facharzt, der eine echte Marke ist“, sagt Verbunds-Sprecher Werner Hampe. Gemeinsam mit Chefarzt Dr. Ulrich Wagner sei Michulla ein gutes Argument für Nachwuchskräfte, auch in einer ländlichen Region eine Stelle anzunehmen. Michulla betonte, dass beide Mediziner die gleichen Interessengebiete hätten und die Kooperation mit den Uni-Kliniken besonders reizvoll sei. „Uni-Kliniken, die ihre Fühler so in die ländliche Region ausstrecken. Wo gibt es das denn bitte sonst?“, sagt er. Seine bisherigen Patienten müssten sich wegen des Wechsels nicht sorgen: „Alle erhalten weiter meine Zuwendung.“
Hintergrund
Die Praxis, die Dr. Rainer Michulla seit 2009 in unmittelbarer Nähe zum Rotenburger Kreiskrankenhaus betreibt, bleibt bestehen, betont der Lungenspezialist. Er denke aber darüber nach, einen zweiten Arzt hinzuzuholen. Am Herzkreislaufzentrum sei er nur in Teilzeit beschäftigt, sagt der gebürtige Bottroper, der in Berlin aufgewachsen ist, in Hannover studiert hat und vor seinem Engagement in Rotenburg im bergischen Solingen Oberarzt gearbeitet hat. Am KKH arbeitete er mit einer Unterbrechung als Chefarzt zunächst für Innere Medizin, dann für Pneumologie. Michulla hat vier Kinder und lebt mit seiner Frau in Rotenburg. (lad)
Bericht Hersfelder Zeitung vom 23.11.2016