MVZ Hersfeld-Rotenburg existiert seit 10 Jahren

Sicherheit für Ärzte und Patienten - MVZ Hersfeld-Rotenburg existiert seit 10 Jahren

Kontinuität für die Patienten, wirtschaftliche Sicherheit für die Ärzte – das sind die großen Vorteile für die rund 65 Mitarbeiter im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Hersfeld-Rotenburg, das als Gesellschaft drei Standorte im Landkreis unterhält. In den zehn Jahren seit der Gründung haben sich mittlerweile 16 Facharztpraxen etabliert. Über die ambulante Versorgung aus einer Hand und unter einem Dach informieren der Geschäftsführer der MVZ GmbH, Martin Ködding, und Prokuristin Sabine Eydt.

Das Klinikum als Hauptgesellschafter hat relativ früh nach der Erlaubnis des Gesetzgebers (2004) ein Medizinisches Versorgungszentrum eingerichtet. Warum?
MARTIN KÖDDING: Vor zehn Jahren fanden die beiden Kassensitze des Gynäkologen und der Nuklearmedizin in der Region keinen Nachfolger. Die Alternative wäre gewesen, dass entweder diese beiden Kassensitze stillgelegt werden oder dass sie in den Besitz einer überregionalen Krankenhauskette gehen. Deswegen haben wir uns sehr kurzfristig darum bemüht, diese beiden Kassensitze zusammenzuführen und ein MVZ zu gründen. Im Laufe der Jahre kamen weitere 14 Facharztpraxen hinzu. Wenn wir uns nicht für den Erhalt dieser Praxen engagiert hätten, wäre die  Versorgung der Bevölkerung im  Landkreis spürbar schlechter. Die Nuklearmedizin zum Beispiel gäbe es nicht mehr, und sicher auch den ein oder anderen Facharztsitz.

Welche Vorteile haben die Patienten im MVZ?
MARTIN KÖDDING: Der grundsätzliche Vorteil für die Patienten ist, dass diese Praxen überhaupt noch bestehen. Wir sind in ganz vielen Fällen erst dann eingetreten, wenn der niedergelassene Arzt über längere Zeit versucht hat, einen freiberuflichen Arzt als Nachfolger zu finden und schließlich an uns herangetreten ist. Für die Patienten bedeutet dies vor allem Kontinuität. Ein weiterer Vorteil für viele ist die interdisziplinäre Behandlung, da die Fachärzte im MVZ eng unter einem Dach zusammenarbeiten.

Einige der angestellten Ärzte stammen aus dem Klinikum oder arbeiten teilweise immernoch dort. Warum haben sie sich für das MVZ entschieden?
SABINE EYDT: Wir nehmen mit dieser Struktur den Ärzten das Investitionsrisiko ab. Das MVZ kauft den Kassensitz, investiert in moderne Diagnose- und Therapietechnik und stellt dann einen Arzt als Arbeitnehmer auf diesem  Kassensitz ein. Dabei handelt es sich um ein ganz normales Arbeitsverhältnis mit Arbeitsvertrag, 40-Stunden-Woche, Sicherheit und Flexibilität für den Arzt.

Deswegen findet die Gesellschaft des MVZ auch eher einen Nachfolger für  eine von der Schließung bedrohte Arztpraxis?
SABINE EYDT: Dadurch, dass man ein ganzes Klinikum im Rücken hat, finden sich auch immer wieder Ärztinnen und Ärzte, die sowohl im niedergelassenen als auch im stationären Bereich arbeiten wollen. Vielleicht auch, weil sie sich mit dem Gedanken tragen, später doch eine eigene Praxis aufzumachen oder weil die Tätigkeit im MVZ besser in die Familienplanung passt. Das Interesse der Ärztinnen und Ärzte, auch in Teilzeit im MVZ zu arbeiten, ist relativ groß.

Das heißt, im MVZ gibt es auch Halbtagsstellen?
SABINE EYDT: Ja. Es kommt vor, dass sich bis zu vier Ärzte einen Kassensitz teilen, wobei immer die 40 Stunden  erfüllt werden müssen. In Bebra arbeiten z. B. drei Ärzte aus unserer Klinikgruppe zusammen in der HNO-Praxis.

Im Klinikum gibt es doch auch Ambulanzen. Worin liegt der Unterschied zum MVZ?
MARTIN KÖDDING: Die Kassenärztliche Vereinigung erlaubt ambulante Behandlungen in Krankenhäusern nur,  solange und soweit ein Bedarf nicht durch niedergelassene Ärzte abgedeckt wird. Diese Klinik-Ambulanzen sind ganz stark eingeschränkt auf wenige Leistungen, die in Praxen außerhalb eines Klinikums nicht angeboten werden.

Profitiert auch das Klinikum von dieser Art der ambulanten Versorgung?
MARTIN KÖDDING: Ja, denn die gesellschaftliche Aufgabe eines Kreiskrankenhauses ist es auch, dafür Sorge zu tragen, dass die medizinische Infrastruktur in der Region passt. Dazu gehören auch zum Beispiel ein häuslicher Pflegedienst, das Frühförderzentrum aber auch Arztpraxen. Natürlich ist für uns auch die Patientenbindung wichtig. Dadurch, dass qualifizierte Ärzte im MVZ arbeiten, ist das Vertrauen in die Struktur und Kompetenz vorhanden.

Wie ist das MVZ für die Zukunft aufgestellt? Sollen weitere Facharztpraxen integriert werden?
MARTIN KÖDDING: Mit den Fachrichtungen, die wir im Moment haben, sind wir zufrieden und konsolidieren jetzt. Wir können uns sicherlich noch die Erweiterung des einen oder anderen Sitzes vorstellen, aber inhaltlich gibt es derzeit keine neue Fachrichtung. Zurzeit sind wir am Umstrukturieren unserer drei Standorte. In Bad Hersfeld zum Beispiel werden die Räumlichkeiten Am Markt ausgebaut, um Anmeldung, Warteraum und Behandlungszimmer optimiert auf ein Stockwerk zu bringen. Auch in der zweiten Etage des Bettenhauses West, in dem das MVZ des Klinikums  angesiedelt ist, wird weiter umgebaut und renoviert, zum Beispiel für den Kinderbereich.

VERTRAUEN IST GEBLIEBEN
Die medizinische Fachangestellte Jacqueline Weppler ist eine Mitarbeiterin der ersten Stunde im Medizinischen Versorgungszentrum Bad Hersfeld nachdem sie 24 Jahre lang zuvor in einer Frauenarztpraxis tätig war. Sie berichtet aus dem Arbeitsalltag. „Ich bin direkt mit dem Praxisverkauf zum MVZ gegangen. Ansonsten hätte ich mir eine neue Stelle suchen müssen, was nicht zur Debatte stand. Die Praxisübernahme durch das MVZ hatte zwei weitere Vorteile: die Mitarbeiterinnen kennen die Patienten sehr gut und umgekehrt – das Vertrauen ist geblieben.
In einem MVZ zu arbeiten bedeutet verschiedene Fachrichtungen kennen zu lernen, da man flexibler einsetzbar ist. Auch gibt der Arbeitsplatz wirtschaftliche Sicherheit, nicht nur weil das MVZ in Anlehnung an den Arzthelferinnen-Tarif vergütet. Zudem ist auch die Organisation in so einem Versorgungszentrum viel besser. Die Urlaubsplanung oder der Krankenstand einer Kollegin lässt sich leichter abdecken, da wir viel mehr Mitarbeiter unter einem Dach sind. Wir  Arzthelferinnen haben großes Vertrauen in die Klinikgruppe als Gesellschafter. Als größter Gesundheitsdienstleister im Landkreis (1.800 Mitarbeiter, Anm. d. Red.) lassen die bei Wechsel oder Veränderungen der Arztpraxen keinen auf der Straße stehen.“

3 Standorte, 13 Fachrichtungen
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind fachübergreifende, ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte als Vertragsärzte oder als Angestellte tätig sind. Das Klinikum Bad Hersfeld hat bereits in 2004 die MVZ Hersfeld-Rotenburg GmbH gegründet, um in dieser Dachgesellschaft ambulante medizinische Versorgung der Patienten auch außerhalb des Krankenhauses anzubieten. Das Medizinische Versorgungszentrum mit 16 Arztpraxen aus 13 medizinischen Fachrichtungen hat zwei Standorte in Bad Hersfeld und einen in Bebra.

Kontakt
MVZ am Klinikum
, Seilerweg 29, Bad Hersfeld
Tel. 06621 / 88-55100, Fax: 06621 / 88-55111
MVZ am Markt, Am Markt 24-26, Bad Hersfeld
Tel. 06621 / 88-55200, Fax: 06621 / 88-55211
MVZ Bebra, Rathausmarkt 1, Bebra
Tel. 06622 / 4944, Fax: 06622 / 4948

pdf Interview aus "Neue Mitte" vom 04.09.2014