Soziale Einrichtungen brauchen Helfer
Die Bundesfreiwilligen fehlen im Kreis: Vor allem Krankenhäuser und Altenheime leiden unter dem Mangel. Der Bundesfreiwilligendienst (siehe Hintergrund) ist bei Jugendlichen im Landkreis Hersfeld-Rotenburg nicht mehr beliebt. Aktuell zählt das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln 17 Bundesfreiwilligendienstler – kurz Bufdis – im Landkreis. Vor eineinhalb Jahren waren es noch 46, im März 2011 waren noch 74 Zivildienstleistende im Kreis Hersfeld-Rotenburg beschäftigt.
Das Klinikum Bad Hersfeld hat momentan acht Bufdis im Einsatz, in den Vorjahren stets zwischen 20 und 25. „Wir haben einen Engpass und der muss schnell gefüllt werden“, berichtet Andreas Boß, stellvertretender Personalleiter am Klinikum Bad Hersfeld. Keinen Mangel gibt es hingegen im Kreiskrankenhaus Rotenburg. Dort leisten sechs Bufdis ihren Dienst. „So war es immer schon“, sagt Karla Krause-Heid von der Personalleitung. Die Zahlen sind konstant und mehr könne man nicht aufnehmen. Es gebe sowohl Initiativbewerbungen als auch Bewerber über das Diakonische Werk in Kassel. Aber die Altenheime im Kreis haben mit dem Bufdi-Mangel zu kämpfen. Das Kreisaltenzentrum Rotenburg hat wegen der nicht vorhandenen Hilfswilligen ihre aktive Suche eingestellt, teilte die Heimleitung auf Anfrage unserer Zeitung mit. Das evangelischen Altenhilfezentrum Ludwigsau hat aktuell einen Freiwilligen. Das Interesse bei den Jugendlichen sei aber gering, sagt Pflegedienstleiterin Sandra Grebe. „Für Jugendliche sei die Altenpflege unattraktiv“, berichtet Grebe. Arbeitszeiten und Dienste am Wochenende täten ihr Übriges. In den Vorjahren hatte das Altenhilfezentrum auch Probleme. Grebe: „Es ist aber wichtig, denn nur so bekommen Jugendliche einen authentischen Einblick in den Beruf.“
Ich wollte mal anpacken
Mit einem Lächeln im Gesicht streicht sie noch einmal über die Bettdecke. Mit gekonnten Handgriffen hat Melissa Hasanovic das Krankenhausbett bezogen und ist stolz auf das akkurate Ergebnis. Im Herbst begann sie als eine von acht Bundesfreiwilligendienstlern (Bufdi) ihren Dienst im Klinikum Bad Hersfeld. „Ich wollte eine Arbeit machen, bei der ich einfach mal anpacken kann und körperlich gefordert werde“, berichtet die 17-Jährige. Zuvor hatte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau begonnen, die sie aber aus persönlichen Gründen wieder abbrechen musste. Zur Überbrückung entschied sie sich dann für den Bundesfreiwilligendienst am Klinikum. Dort wollte sie aber nicht am Schreibtisch sitzen, sondern aktiv mit anpacken.
Viel mit Menschen arbeiten
Als Schülerin absolvierte sie ein Jahrespraktikum in der Verwaltung des Klinikums. Auch als Bufdi wird sie bei personellen Engpässen gerne im Archiv wieder eingesetzt. Genau diese abwechslungsreiche Arbeit macht ihr Spaß. Mit einem breiten Lächeln berichtet sie von den vielen Kontakten, die sie in ihrer Zeit am Klinikum geschlossen hat. „Es gibt viel zu tun und das macht viel Spaß“, sagt die 17-Jährige. Sie versteht nicht, warum das Klinikum gerade mit Engpässen im Bereich des Bundesfreiwilligendienstes zu kämpfen hat. Für sie sei die praktische Arbeit genau der richtige Ausgleich zum Bürojob. Gerne schaut sie hinter die Kulissen des Klinikums, lernt, wie die tägliche Arbeit funktioniert: „Man lernt sehr viel in den verschiedensten Bereichen.“ Seite an Seite mit 15 Kollegen arbeitet die 17-Jährige 38,5 Stunden in der Woche im Bettenlager. Routiniert schlüpft sie in die mintgrüne Arbeitskleidung, zieht die robusten, grünen Gummihandschuhe an und beginnt damit, das von der Station in die Katakomben heruntergebrachte Bett abzuziehen und zu desinfizieren. Dort muss sie sich genau wie ihre Kollegen an die strengen Hygienevorschriften halten.
Melissa Hasanovic hofft, dass sie bis zum Ende ihres Freiwilligendienstes im Juli auch weiterhin so gefordert wird: „Vielleicht bekomme ich die Chance, noch einmal in der Wäscherei mit anzupacken.“ Dort wurde sie schon einmal zu Beginn ihres Diensts eingesetzt.
Wichtige Fakten zum Bundesfreiwilligendienst auf einen Blick
Ersatz für den Zivildienst
Der Bundesfreiwilligendienst ist eine Initiative zu gemeinnützigem und unentgeltlichem Engagement. Er wurde nach dem Aussetzen der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes 2011 eingeführt. In der Regel dauert der Dienst zwölf Monate. Das Alter spielt keine Rolle, denn auch Menschen, die älter als 27 Jahre sind, können in Teilzeit für mindestens 20 Stunden pro Woche tätig werden. Die Einsatzgebiete der Freiwilligen sind vielfältig: Vom sozialen Bereich bis zum Umwelt- und Katastrophenschutz ist alles möglich. Die Einsatzorte entscheiden dabei über die Höhe des ausgezahlten Taschengelds, das maximal 363 Euro betragen darf.
Alter
Anders als beim vorangegangenen Zivildienst gibt es keine Altersbegrenzung. Nachdem man die Schulpflicht absolviert hat, kann man den Freiwilligendienst antreten. Auch Ältere können sich für diesen Dienst melden, vor allem Berufswiedereinsteiger würden diese Option wählen, weiß Peter Schloßmacher vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln.
Einsatzbereiche
Die Einsatzbereiche sind vielfältig: Man kann in den Bereichen Umwelt- und Naturschutz, Sport, Integration, Kultur- und Denkmalschutz, Bildung, Zivil- und Katastrophenschutz Dienst leisten, aber auch in sozialen Bereichen wie Kinder- und Jugendhilfe, Jugendarbeit, Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege sowie der Behindertenhilfe. Vor allem im sozialen Bereich nutzen das Jahr viele einerseits als Orientierung, andererseits als Sprungbrett, denn im Lebenslauf macht sich so etwas sehr gut. Andreas Boß, stellvertretender Personalleiter am Klinikum Bad Hersfeld, bestätigt dies: „Es unterstreicht noch einmal das Engagement des Bewerbers.“ So werden diejenigen, die schon einmal im Klinikum gearbeitet haben, automatisch zum Vorstellungsgespräch eingeladen.
Bewerbung
Für eine Stelle bewirbt man sich bei den jeweiligen Trägern oder direkt bei den Einsatzstellen. Eine Bewerbung sollte einen ausführlichen Lebenslauf enthalten und vor allem die Gründe, die für die Wahl des Bundesfreiwilligendienstes bei dem bestimmten Träger und der bestimmten Einsatzstelle ausschlaggebend waren. „Jeder, der praktisch Gutes tun und sich sozial, ökologisch oder kulturell engagieren will, bekommt eine Chance“, sagt Boß. Damit man die Chance bekomme, sei das Vorstellungsgespräch entscheidend und man müsse zeigen, dass man engagiert ist – ganz egal ob in der Schule, familiär oder im Verein.
Entlohnung
Als Entlohnung werden maximal 363 Euro monatlich gezahlt. Dieses Taschengeld wurde vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben für das Jahr 2015 festgelegt. Jeder Arbeitgeber veranschlagt für seine Bufdis einen individuellen Betrag.
Kontakt
Wer sich für den Bundesfreiwilligendienst am Klinikum Bad Hersfeld interessiert, kann sich bei Laura Pschantka melden, Telefon 0 66 21/881068, E-Mail: laura.pschantka@klinikum-hef.de, www.klinikumportal.de