Spezialisten und High-End Medizin
Schwerwiegende Erkrankungen der Verdauungsorgane wie Krebs werden im Klinikum Bad Hersfeld in einem viszeralmedizinischen Zentrum behandelt. Dieses Zentrum zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass die an der Behandlung beteiligten verschiedenen Spezialisten an einem Ort tätig sind und zusammen arbeiten, sondern auch, dass sie spezielle Kenntnisse mit medizinischer Spitzentechnik umsetzen können.
In Bad Hersfeld gibt es einen Viszeralmedizinischen Behandlungsschwerpunkt –was bedeutet das?
PD Dr. Vogel:
Der Begriff Viszeralmedizin leitet sich von dem lateinischen Begriff Viszera = Eingeweide her und meint die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – also aller Probleme, die in den Organen von der Speiseröhre über Magen, Zwölffingerdarm, Dünndarm bis zum Dickdarm und Enddarm auftreten können, genauso wie Erkrankungen der Leber, Gallenwege und Bauchspeicheldrüse. Da unsere Kenntnis über Erkrankungszusammenhänge heute in großer Geschwindigkeit zunimmt, wie auch die medikamentösen und operativen Behandlungsmöglichkeiten immer vielfältiger und anspruchsvoller werden, bilden sich in den Regionen zunehmend Zentren, die in enger Kooperation das gesamte Spektrum abdecken können. Dabei können wir am Bad Hersfelder Klinikum mit seinen vielen Fachrichtungen über ein Darmzentrum oder Bauchzentrum hinausgehen. Die Viszeralmedizin behandelt also auch die Erkrankungen der anderen Organe, die ich genannt habe.
Das heißt also, dass in so einem Zentrum die Ärzte enger zusammenarbeiten?
PD Dr. Keymling:
Genau das. Aber enge Kooperation ist eigentlich eine medizinische Selbstverständlichkeit. Zu einem schwerpunktmäßigen Behandlungsangebot gehört noch deutlich mehr, als gemeinsame Besprechungen und Visiten. Zunächst muss für die Diagnostik eine Endoskopieabteilung vorhanden sein, die neben den Routineuntersuchungen wie Ultraschall, Magen- oder Darmspiegelung alle weiteren Verfahren zur Untersuchung des Dünndarmes, der Gallenwege und Bauchspeicheldrüse wie auch der Leber vorhält. Um einen genauen Behandlungsplan aufstellen zu können, muss eine Krankheit möglichst exakt beschrieben werden. So sind neben der Untersuchung der Schleimhäute auch darüber hinausgehende Strukturen, etwa durch Endosonografie und vieles mehr erforderlich.
Fachärzte für hohes Qualitäts-Niveau
Und das alles ist im Klinikum Bad Hersfeld möglich?
PD Dr. Vogel:
Ja, natürlich einschließlich der erforderlichen Behandlungen. In vielen Fällen, in denen eine medikamentöse oder endoskopische Behandlung nicht ausreicht, muss der Chirurg aktiv werden. Die Chirurgie hat in den letzten drei Jahrzehnten durch die Einführung der so genannten Schlüssellochchirurgie (minimal invasive Verfahren) enorme Fortschritte bezüglich der Vermeidung von Risiken und der Verkürzung von Krankenhausaufenthalten geleistet. Im Klinikum Bad Hersfeld verfügen wir über einen der modernsten Operationssäle für laparoskopische Chirurgie. Das ermöglicht auch große Operationen mit dieser Technik. Und gerade bei den großen Operationen machen sich die Vorteile der Technik bemerkbar.
PD Dr. Keymling:
Hochtechnologie ist in der Medizin unbedingt erforderlich, reicht allein zu einer Schwerpunktbildung aber nicht aus. Über lange Zeit speziell ausgebildete Fachärzte und Fachschwestern in ausreichender Zahl sind erforderlich, um ein durchgängig hohes Qualitätsniveau anzubieten. Hier sind wir im Klinikum Bad Hersfeld glücklicherweise so weit, dass in der Allgemein- und Viszeralchirurgie neben dem Chefarzt vier Fachärzte für Chirurgie und Viszeralchirurgie und in der Gastroenterologie neben dem Chefarzt vier Fachärzte für Innere Medizin und Gastroenterologie Dienst tun.
PD. Dr. Vogel:
Die persönliche Erfahrung – die ständige „Übung”, wenn man so will - spielt gerade in der Chirurgie eine große Rolle. Es ist notwendig, dass der einzelne Chirurg gerade bei den Krebsoperationen an Darm, Speiseröhre, Magen und Bauchspeicheldrüse viele hundert Operationen selbst ausgeführt hat. Daher konzentrieren wir besonders komplexe Eingriffe auf jeweils einen speziellen Operateur, eine Maßnahme, die an anderen großen Kliniken – z. B. auch Universitätskliniken – so nicht vorgenommen wird. Das ist vielen Laien nicht klar, aber sehr wichtig.
Enge Kooperation mit der Vitalisklinik
Eine weitere Besonderheit des Standortes Bad Hersfeld ist die enge Kooperation mit der Medizinischen Rehabilitation in der Vitalisklinik im Kurpark. Hier kann von erfahrenen Ärzten, Schwestern, Psychologen, Physiotherapeuten und Ernährungsberatern der nach einem oft gewollt kurzen Krankenhausaufenthalt angestrebte Genesungserfolg gefestigt werden. Eine derartig ideale Kooperation habe ich in meiner bisherigen Laufbahn noch nicht erlebt.
Können Sie uns einige Beispiele nennen?
PD Dr. Keymling:
Patienten zum Beispiel, bei denen wir große Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse oder der Speiseröhre vornehmen, sind zwar meist bald nach dem Eingriff entlassungsfähig – eine Genesung bis zur Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen, dauert aber doch deutlich länger, so dass hierfür Rehabilitationszentren benötigt werden. Das Besondere an dem Standort Bad Hersfeld ist, dass hier von der Frühdiagnostik über komplizierte Operationsverfahren bis zur Rehabilitation alles auf sehr hohem Niveau in enger geografischer Nähe verfügbar ist. Nur wenn alle Beteiligten auf gleich hohem Niveau arbeiten, kann ein optimales Therapieergebnis erreicht werden.
PD Dr. Vogel:
Das ist auch für uns Chirurgen wichtig. Wir wollen doch auch einmal ganz laut und deutlich sagen: neben aller Technik und aller Spezialisierung ist doch die Fürsorge für den Kranken wichtig, die ja über die reine Operation weit hinaus geht. Daher sind wir froh, dass wir in Bad Hersfeld die Patienten ganzheitlich behandeln können, inklusive einer Rehabilitation vor Ort.
Gibt es ganz aktuelle Neuigkeiten aus Ihren Kliniken?
PD Dr. Keymling:
Wir haben in den letzten Wochen die so genannte Radiofrequenzablation von Tumoren der Gallenwege eingeführt. Dabei wird mittels Endoskopie eine Sonde in den Gallengang eingebracht und dort über Hitzeentwicklung der Tumor verkleinert. Das Verfahren ist deutlich sicherer und weniger problematisch als die früher auch von uns angewendete so genannte photodynamische Therapie. Dabei mussten die Patienten einige Tage in abgedunkelten Räumen leben. Dieses neue Verfahren der Radiofrequenzablation kann darauf verzichten. Es ist außerdem ein gutes Beispiel dafür, wie sich Chirurgie und Endoskopie ergänzen. Denn natürlich wird zunächst geprüft, ob in der Klinik von PD Dr. Vogel der Tumor mit einem gegebenenfalls auch großen operativen Eingriff entfernt werden kann. Wenn dies nicht mehr möglich ist, sind wir froh, den Betroffenen dann ein so anspruchsvolles endoskopisches Verfahren anbieten zu können.
Neue Schwerpunkte bei Operationen
PD Dr. Vogel:
Auch operativ gibt es in der Viszeralmedizin bei uns neben der Speiseröhren- und Bauchspeicheldrüsenchirurgie neue Schwerpunkte etwa in der operativen Behandlung der Refluxkrankheit (Sodbrennen), die durch einen Zwerchfellbruch entsteht. Hier bieten wir eine besondere laparaskopische Technik der Antirefluxoperation mit besonders großem Erfolg und wenig Rezidiven an. Dabei verzichten wir auf bestimmte Operationsschritte die bislang – und in anderen Krankenhäusern auch weiterhin – vorgenommen werden, aber auch Probleme mit sich bringen können.