Von Geschäftsberichten, Intransparenz und falschen Informationen

Mitten in einer noch nie dagewesenen Pandemie, mitten in einer finanziellen Krise und mitten im Wahlkampf – so könnte man die aktuelle Situation des Klinikums Hersfeld-Rotenburg wohl beschreiben. Wo aber hört das eine Thema auf und wo beginnt ein anderes? Die Geschäftsführung sieht die Lage kritisch und den Konzern als „Spielball Kommunalwahlkampf“.
 
„Dass der finanziell angeschlagene Klinikkonzern trotz eines Sanierungskonzeptes, mit dessen konkreter Umsetzung sich derzeit Geschäftsführung und Betriebsrat befassen, nahezu täglich und zum Teil sehr unsachlich in den Kommunalwahlkampf hineingezogen wird, sehen wir mit großer Sorge und es verunsichert die Mitarbeiterschaft mehr als dass es hilft“, erklärt die Geschäftsführung in einem Statement. „Wir sind hier bemüht, die Gemüter zu beruhigen und liefern schnellstmöglich und offen die entsprechenden Antworten. Traurig ist jedoch die Tatsache, dass das Klinikum selbst nicht als ebenbürtig in diesem Prozess betrachtet wird“, so Rolf Weigel, Geschäftsführer. Das sehe man vor allem an der Tatsache, dass Informationen nicht direkt beim Klinikkonzern selbst angefragt, sondern ohne Überprüfung als Behauptungen über die Presse veröffentlicht werden: „Ob das den Wahlkämpfenden nutzt, können wir nicht abschätzen, dem Klinikum schadet es in jedem Falle.“ Zuletzt seien Angaben aus dem Geschäftsbericht der Orthopädie aus 2019 so dargestellt worden, als habe das Unternehmen im entsprechenden Jahr einen besonderen Gewinn gemacht. „Ein kurzer Anruf oder auch nur ein Nachrechnen hätten die Peinlichkeit der falschen Pressemitteilung verhindert“, ergänzt Weigel. Dies lässt natürlich vermuten, dass hier weniger der konstruktive Austausch als vielmehr Meinungsmache gesucht wird.
 
Dass das jedoch über die Köpfe von rund 3.000 Mitarbeitern des Konzerns geschehen soll, sehen vor allem langjährige Mitarbeiter als mehr als kritisch. So ein Kollege, der seit über 30 Jahren im Unternehmen beschäftigt ist: „Die Vorgehensweise, regelmäßig falsche Informationen und steile Thesen in der Presse zu platzieren, sorgt für Verunsicherung und schlichtweg Angst bei den Mitarbeitern. Bei aller Notwendigkeit kritischer Diskussionen auch vor Kommunalwahlen ist es seiner Meinung nach ein falsches Zeichen, rund 3.000 Arbeitsplätze als Instrument in einem Wahlkampf zu benutzen.“ Er betont, dass die aktuelle Situation im Landkreis sicherlich auch weitere Themen biete, als die Arbeitsplätze seiner Kolleg*innen. Schließlich seien diese selbst bedingt durch die Versorgung von Corona-Patienten in einer Ausnahmesituation. Er hoffe nach wie vor auf einen Schulterschluss der Region „für unser Klinikum“, so wie es ihn auch im Aufsichtsrat gebe.
 
Dr. Tobias Hermann, Geschäftsführer, ist verärgert über die aktuelle Vorgehensweise der Interessengruppen: „Wir befinden uns in einer noch nie dagewesenen Pandemie, in der unser Klinikum gemeinsam mit dem Kreiskrankenhaus Rotenburg die zentralen Anlaufstellen hier im Landkreis bietet. Unsere Mitarbeiter leisten aktuell schier Unmögliches – sie machen Überstunden und versorgen ihre Patienten mit einem hohen Engagement, aber auch persönlichem Risiko. Wenn sie dann in der Zeitung wieder lesen, was das Klinikum falsch machen würde, dann ist das mehr als demoralisierend.“ Ebenso betont Hermann, dass die geplanten strukturellen Änderungen des Konzerns für niemanden eine leichte Entscheidung gewesen seien. Sie seien jedoch in einem langfristigen und umfassenden Prozess gemeinsam mit den Entscheidungsträgern des Landes gefallen. „Ich bin der Überzeugung, dass wir positiv in die Zukunft blicken und gemeinsam unser Klinikum auf die anstehenden Aufgaben und neuen Strukturen vorbereiten sollten. Genau das erhoffe ich mir auch von unseren Kritikern: einen konstruktiven Austausch, der ebenbürtig alle Beteiligten umfasst, anstelle einer Panikmache über die Köpfe unserer Mitarbeiter*innen hinweg“, fasst Hermann zusammen.

Hier finden Sie den Artikel aus der Hersfelder Zeitung vom 10.02.2021

Hier finden Sie den Artikel vom Betriebsrat des Klinikums aus der HZ v. 13.02.2021