Wenn die Nachtruhe gestört ist

„Schlaf ist für den Menschen, was das Aufziehen für die Uhr“, soll der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer  gesagt haben. Laut der Apotheken-Umschau leidet ein Drittel der Deutschen unter Schlafstörungen. Nadine Maaz sprach mit Prof. Dr. med. Gerald Schiller, Chefarzt Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Bad  Hersfeld, über das Thema.

Wann spricht man von Schlafstörungen?

Der Definition nach leidet unter Schlafstörungen, wer vier Wochen lang mindestens dreimal in der Woche nicht schlafen kann, wobei man verschiedene Formen der Insomnie unterscheidet. Wer unter Einschlafstörungen leidet, wälzt sich sprichwörtlich von A nach B und von B nach A, findet aber keine Ruhe. Bei Durchschlafstörungen wacht der Betroffene mehrfach in der Nacht auf und ist so in seiner Erholung gestört. Das morgendliche Früherwachen ist  durch sehr zeitiges Aufwachen und Nicht-Mehr-Einschlafen-Können gekennzeichnet und ist zum Beispiel typisch bei schweren Depressionen.
Diese Formen können isoliert, aber auch in Kombination auftreten. Das Gegenteil ist übrigens die Hypersomnie, die häufig bei Menschen auftritt, die in der lichtarmen Saison unter einer sogenannten Winterdepression leiden und ein  erhöhtes Schlafbedürfnis haben.

Wer ist von Schlaflosigkeit betroffen?

Ältere Menschen sind häufiger betroffen als jüngere und Frauen öfter als Männer. Im Prinzip kann es aber jeden treffen, so wie es auch nicht die Schlafstörung gibt, sondern verschiedene Formen und verschiedene Ursachen.

Welche Ursachen können Schlafstörungen haben?

Es fängt mit psychoreaktiven Faktoren und ganz banalen Dingen an, die jeder kennt. Vor einer wichtigen Prüfung zum Beispiel können manche Menschen nicht schlafen, nach einem Jetlag, bei Zahnschmerzen, zu spätem Essen oder wenn das Zimmer zu heiß ist. Stress kann über einen längeren Zeitraum ebenfalls zu Schlafstörungen führen.  Schlaflosigkeit kann aber auch längerfristige psychische oder körperliche Ursachen haben. In der Psychiatrie ist die Schlafstörung bei fast allen Krankheitsbildern vertreten. Auch Suchtpatienten leiden sehr häufig unter Schlaflosigkeit. Es gibt zudem eine ganze Reihe von körperlichen Ursachen, wie das Restless-Legs-Syndrom,  Asthma oder andere Lungenerkrankungen, Bluthochdruck, Harninkontinenz, Hautkrankheiten, die nachts zu Juckreiz führen, oder Schmerzen nach einem Unfall, denn Schmerzen werden nachts stärker empfunden.

Wieviel Schlaf braucht Mensch?

Säuglinge „verpennen“ fast den ganzen Tag und schlafen bis zu 16 Stunden. Erwachsene brauchen weniger Schlaf, in der Regel reichen sechs bis acht Stunden. Je älter wir werden, desto weniger Schlaf brauchen wir, wobei das Schlafbedürfnis grundsätzlich ganz individuell ist. Manche Menschen sind nach sechs Stunden fit wie ein Turnschuh, andere brauchen neun Stunden.

Welche Folgen kann die Schlaflosigkeit haben?

Im Schlaf wird zwischen Traum- und Tiefschlafphasen unterschieden. In den Traumphasen werden die Erlebnisse des Tages vom Gehirn verarbeitet, die Tiefschlafphasen dienen der körperlichen Regeneration. Wer nicht genug Schlaf bekommt, kann gereizt, aggressiv oder verstimmt reagieren. Unkonzentriertheit und eine geringere Leistungsfähigkeit sind ebenfalls mögliche Folgen. Schlafstörungen sind ein Stressfaktor. Im ganz extremen Fall kann tagelanger künstlicher Schlafentzug auch zum Tod führen, nicht umsonst ist Schlafentzug eine Foltermethode.

Was können Betroffene gegen Schlafstörungen tun?

In manchen Fällen helfen Hausmittel wie warme Milch mit Honig, pflanzliche Mittel wie Baldrian, Entspannungsübungen, ein besseres Raumklima oder regelmäßige Zubettgehzeiten. Wenn die Schlafstörungen  aber gravierender sind oder körperliche Ursachen zugrunde liegen, helfen oft nur möglichst ursächlich ansetzende Medikamente. Schlafmittel sollten nur in Absprache mit einem Arzt eingenommen werden und auf keinen Fall rezeptfrei im Internet bestellt werden.

Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden?

Wer über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig unter Schlaflosigkeit leidet, sollte die Ursache von einem Experten abklären lassen. Mit einer ärztlichen Überweisung können Betroffene sich im sogenannten Schlaflabor untersuchen lassen, das es zum Beispiel in Bad Hersfeld am Klinikum gibt sowie im Herz- und Kreislaufzentrum Rotenburg.

Vortrag
Ein Vortrag zum Thema Schlafstörungen findet in der Reihe „Wissenswertes aus der Psychiatrie“ von Professor Dr. Gerald Schiller am 20. August 2015 statt. Veranstaltungsort ist der Konferenzraum der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum Bad Hersfeld. Beginn ist um 18.30 Uhr. Der Besuch ist kostenfrei.

Der Experte
PROF. DR. GERALD SCHILLER (59 Jahre) ist Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum  Bad Hersfeld. Geboren wurde er bei Nürnberg, Medizin studierte er in Erlangen. Nach Stationen in Regensburg und Ingolstadt ging er an das Vitos-Waldkrankenhaus Köppern bei Frankfurt, wo er später Ärztlicher Direktor wurde. Seit Herbst 2011 ist Schiller am Klinikum in Bad Hersfeld tätig. Er ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie,
Geriatrie und Sportmedizin. Er ist Reserveoffizier und Oberfeldarzt, in seiner Freizeit treibt er gerne Sport und singt. (Foto,Text: nm/ank)

pdf Artikel aus der HZ v. 21.01.2015