Willkommen im Leben - 935 Geburten in 2014
Geburtsstation im Klinikum mit Fokus auf Individualität
Bilder von strahlenden Augen und lachenden Münder zwischen runden Bäckchen hängen an den Wänden. Unzählige Eltern haben hier Fotos und Collagen ihrer kleinen Söhne und Töchter hinterlassen. Sie machen beim simplen Hinsehen auf besondere Weise glücklich und signalisieren: hier gibt es ganz neues Leben. Lebendig wirken die Räume der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Klinikum Bad Hersfeld nicht nur, sie sind es auch. 935 Geburten gab es hier im Jahr 2014 – dabei erblickten 946 junge Bad Hersfelder das Licht der Welt. Eine stattliche Zahl, wie das Team mit Stolz verrät.
Schließlich kommen viele werdende Eltern auch von weit her ins Klinikum, um dort ihrem Nachwuchs den bestmöglichen Start ins Leben zu bieten. Die Klinik mit Perinatalzentrum – einem Zentrum für Früh- und Neugeborene - darf Kinder ab 11 Wochen vor dem errechneten Termin entbinden. Im näheren Umkreis dürfen nur Kassel und Fulda noch früher entbinden, nämlich ab der 24. Woche vor dem errechneten Termin. Damit die beste Versorgung der Frühchen und Normalgeburten sichergestellt ist, bedarf es spezieller ärztlicher, medizinischer und technischer Voraussetzungen. Es ist selbstverständlich, dass die Klinik die notwendigen technischen Voraussetzungen schafft, aber auch menschlich und fachlich bietet sie den werdenden Eltern viel.
Möglichst nah an 1:1
Das Team aus 12 Ärzten und Assistenzärzten und 14 Hebammen, die zum größten Teil in Teilzeit in einem routierenden System arbeiten, legt großen Wert auf Beratung und individuelle Betreuung. „Am liebsten wäre uns natürlich eine 1:1-Betreuung“, so die leitende Hebamme Sabine Jäger, die seit 25 Jahren im Klinikum arbeitet. Obwohl dies wohl kaum umsetzbar ist und vielmehr immer schwieriger wird, bietet das Team den werdenden Müttern ein umfangreiches Angebot. Neben der normalen Schwangerenvorsorge beim Gynäkologen können sie sich am ersten Montag eines jeden Monats bei einem Infoabend über das Thema Geburt beraten lassen. Auch die Hebammensprechstunde und eine Geburtsplanung sind Angebote der Klinik. Hierbei geht es vorrangig darum, die Klinik kennen zu lernen und ein Vertrauensverhältnis zu entwickeln.
Individualität ist wohl der zentrale Wunsch der Geburtshilfe. „Wir sind generell für alles offen“, sagt Chefarzt Dr. med. Kai Fischer. Unterschiedlichste Gebärpositionen vom Sitzen in einer Gebärwanne bis zur Geburt auf einem Gymnastikball mit den Händen an den Sprossen einer Kletterwand wie man sie vielleicht noch aus dem Sportunterricht kennt – alles, was medizinisch Sinn macht, versuchen die Mediziner und Hebammen im Sinne der Gebärenden umzusetzen. Wo man hinsieht, befinden sich Griffe, Sprossen, Halterungen. Wichtig sei es, etwas greifen zu können, um so Halt zu finden. Durch den Druck beim Greifen werde zudem der Wehenschmerz ausgeglichen. „Den schönsten Halt bringen die Frauen aber selber mit“, so Hebamme Jäger mit Blick auf die werdenden Väter.
Mit 32 Prozent Kaiserschnitten liegt das Klinikum Bad Hersfeld knapp unter dem Bundesdurchschnitt. Die Rate ist in den vergangenen Jahren in Deutschland immer weiter gestiegen und laut Dr. Fischer müssten die Kaiserschnittzahlen in einem Perinatalzentrum wohl auch eher steigen. Die Frauen haben im Klinikum ganz klar ein Mitbestimmungsrecht und können sich bewusst für den Kaiserschnitt entscheiden.
Leben schenken ist kein Tagesgeschäft
Auch nach mehr als einem Vierteljahrhundert im Dienst sind Geburten für Sabine Jäger und Dr. Kai Fischer noch kein reines Tagesgeschäft geworden. Auf die Frage, was wohl ihre schönste Geburt war, können beide deshalb nur eine Antwort geben: „Jede Geburt ist schön. In all den Jahren hat die Geburtshilfe nicht ihre Faszination verloren.“ Dennoch gibt es auch belastende Situationen: Problemgeburten, Krankheit, Notfälle. Bei Notfällen schreibt das Gesetz in Deutschland einen maximalen Handlungszeitraum von 20 Minuten zwischen dem Entschluss zum Kaiserschnitt und der Geburt vor. Acht Minuten braucht das Team des Klinikums hierfür. „Das geht nur, weil das ganze Personal im Haus ist“, sagt Dr. Fischer.
Liegt eine Frau in den Wehen, können Hebammen und Ärzte sie permanent im Auge behalten, selbst wenn sie aufgrund paralleler Geburten mal den Raum verlassen müssen. Kabellose Herztonüberwachung und Überwachung mittels Bildschirmen in allen Kreißsälen sichern permanente Betreuung.
Kein harter Aufprall
Über fünf Kreißsäle verfügt das Klinikum Bad Hersfeld. Vier davon sind für das Entbinden ausgelegt, aber auch der fünfte kann dazu genutzt werden. In einem Aufnahmeraum und einem Beratungs- und Untersuchungszimmer können die Frauen in Ruhe ankommen und sich fernab medizinischer Technik auf die Geburt vorbereiten. Überhaupt wird auf der gesamten Station wie auch auf der unmittelbar angrenzenden Wochenbettstation großer Wert darauf gelegt, dass die jungen Familien sich gut und heimisch fühlen. Ein wohliges Gefühl, erzeugt durch all diese Faktoren, verstärkt durch - wann immer möglich - warmes oder gedimmtes Licht soll die Anstrengungen der Geburt für Mütter und Kinder erträglicher machen.
Besonderen Rückzugsraum bietet den jungen Eltern mit ihrem Nachwuchs das Familienzimmer. Statt eines Zweibettzimmers mit einer anderen Patientin können junge Mütter hier die ersten Tage als Familie mit Partner und Kind verbringen. Zwar ist es ohnehin nicht mehr so, dass die Kinder nach der Geburt von ihren Müttern getrennt werden, aber hier wurde durch Einrichtung fernab von Krankenhausflair ein heimeliger, natürlicher Raum geschaffen. 24-Stunden-Rooming-In heißt es, wenn die Kinder 24 Stunden bei ihren Müttern bleiben können. Das braucht es auch, um sich direkt aneinander und die neuen Aufgaben zu gewöhnen. Dennoch stehen die Hebammen und Krankenschwestern stets mit Rat und Tat zur Seite.
Große Nähe und unmittelbare Erreichbarkeit sind es, die sich wie ein roter Faden durch sämtliche Abteilungen der Frauenheilkunde und Geburtshilfe ziehen. Räumlich liegen Kreißsaal, Kinderstation, Geburtshilfe und Ambulanz allesamt Tür an Tür, auf einer Ebene. Aber auch inhaltlich und menschlich fokussiert das Team sich auf Erreichbarkeit, Vertrauen und individuelle Behandlung. So kann das Leben gut beginnen. (Fotos,Text:Sabrina Ilona Teufel, OsthessenNews)