Darmkrebs mit 38 Jahren

Eine Darmspiegelung am Hersfelder Klinikum bringt letztendlich Gewissheit zu den Symptomen von Sandra Walter aus Kassel: Die Veränderungen, die das Ärzteteam binnen weniger Minuten entdeckt, sind bösartig; die Ergebnisse aus dem Labor bestätigen die Vermutung eines sogenannten kolorektalem Adenokarzinoms – einem Krebsgeschwür im Enddarm. Nur wenige Tage später wird die heute 39-Jährige ebenfalls im Klinikum Bad Hersfeld mit dem Da Vinci-Operationsroboter von Chefarzt Dr. Christian Plötz operiert.

Es habe sich angefühlt wie eine anhaltende Entzündung im Darm, so beschreibt Sandra Walter aus Kassel die Symptome, die sie im vergangenen Jahr bei sich festgestellt hatte: „Es waren, einfach ausgedrückt, Veränderungen im Stuhl, teilweise auch mit Blut, und immer mal wieder Schmerzen bei der Verdauung.“ Auch ein wenig Gewicht hatte sie dadurch schon verloren. Nachdem sie in ihrer Region vergebens nach einem Facharzttermin suchte, entschied sich die 38-Jährige, die Nummer des Ärztlichen Bereitschaftsdiensts (116 117) zu kontaktieren. Dort wurde ihr unmittelbar ein Termin am Hersfelder Klinikum angeboten.

Den ersten Termin am Klinikum Bad Hersfeld übernimmt Prof. Dr. Alexander Schneider, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie. Nach einem Erstgespräch zu den vorliegenden Symptomen vereinbaren die beiden einen Termin zur Darmspiegelung nur zwei Wochen später. „Mein Mann und ich dachten zu diesem Zeitpunkt vielleicht an eine Entzündung oder einen Polypen, die Probleme bereiten,“ erinnert sich Sandra Walter. Die Darmspiegelung, durchgeführt von Oberarzt Dr. Thomas Krummer, dauert kürzer als gedacht: Im Enddarm der Patientin findet das Team eine Veränderung, die die Ärzte unmittelbar als wahrscheinlich bösartig einstufen können. Die Ergebnisse aus dem Labor bestätigen die Verdachtsdiagnose nur wenige Stunden später: Sandra Walter hat Krebs. „Als die beiden Ärzte mir sagten, sie müssten einmal mit mir reden, habe ich ihnen schon angesehen, dass die Sache ernst ist“, so Sandra Walter, und weiter: „Das war ein absoluter Schock und wirklich sehr emotionaler Moment für mich.“

Die Kasselanerin entscheidet sich dazu, auch die Behandlung des sogenannten Karzinoms am Klinikum Bad Hersfeld durchführen zu lassen: „Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt, mochte die Ärzte und empfand die Beratung und auch emotionale Begleitung als wirklich toll.“ So durchläuft sie verschiedene Untersuchungen und Diagnoseverfahren und findet sich letztlich vor Dr. Christian Plötz wieder, dem Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Er erklärt ihr den bevorstehenden Eingriff, für den er den Da Vinci-Operationsroboter verwenden wird. „Der Roboter ist ein wunderbares Werkzeug. Er erlaubt mir als Operateur, deutlich feiner vorzugehen. Durch die verschiedenen Abwinkelmöglichkeiten der Geräte reichen kleine Einschnitte aus, um an den Operationsbereich zu gelangen. Das ist für die Patienten ein riesen Vorteil“, erklärt der Wahl-Hersfelder. Sandra Walter erinnert sich noch gut an den Morgen der Operation, den sie mit einem mulmigen Gefühl verbracht hat: „Ja ich war aufgeregt. Aufgeregt vor der Narkose und auch, mich völlig in die Obhut von anderen Menschen zu begeben.“ Einen ganzen Tag verbringt sie nach der Operation noch auf der Intensivstation, bevor sie auf Station verlegt wird. „Glücklicherweise mussten wir bei Frau Walter kein Stoma anlegen, also keinen künstlichen Ausgang“, erklärt Christian Plötz. Dieser sei oft notwendig, um die frisch operierte Darmwand zunächst zu entlasten.

In den ersten Tagen nach der Operation bereitet ihr vor allem das Aufstehen noch Schmerzen. Dennoch ist für sie an langes Ausruhen nicht zu denken. „Ich wollte relativ schnell wieder auf die Beine kommen und auch nach Hause zu meinem Sohn“, so Sandra Walter. Ihr war es wichtig, die Angst des 12-Jährigen nicht unnötig zu schüren und ihm kindlich gerecht zu erklären, wie es seiner Mutter geht. Auch die Essensumstellung, die nach dem Eingriff notwendig war, verträgt die 38-Jährige gut und kann so wenige Tage später das Krankenhaus verlassen. „Das ist so sicherlich nicht der Standard. Viele Patienten verbleiben nach einem solchen Eingriff etwas länger im Haus. Bei Frau Walter lief die Operation insgesamt aber tatsächlich sehr gut. Dass sie so schnell fit ist, ist auch dem schonenden Eingriff mit dem Operationsroboter zu verdenken“, erklärt Dr. Plötz.

In den nächsten Jahren, so Plötz weiter, liegt ein regelmäßiger Untersuchungsplan vor Sandra Walter. So habe sie in den nächsten fünf Jahren in regelmäßigen Abständen genau festgelegte Untersuchgen zur Tumornachsorge und wiederholte Spiegelungen. Erst dann gelte sie als geheilt. Dass Sandra Walter bereits im Alter von 38 Jahren an Darmkrebs erkrankt, sei auffällig, bestätigt Plötz. Hier kann eine genetische Vorbelastung der ausschlaggebende Faktor sein. Entsprechend empfiehlt er ihrem familiären Umfeld, eine frühe Vorsorge mit einer Darmspiegelung und genetische Beratung in Anspruch zu nehmen. Generell gilt, dass Darmkrebs vermeidbar ist, wenn man die Vorsorgeuntersuchungen mit einer Darmspiegelung in Anspruch nimmt und hierbei Vorstufen des Krebsleidens entdeckt und entfernt werden. Auffällige Symptome des bereits vorliegenden Darmkrebses seien Blut im Stuhl, Stuhlunregelmäßigkeiten oder auch ein Gewichtsverlust. „Bei diesen Symptomen ist der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Der Darmkrebs beginnt immer gutartig und entwickelt sich über Monate, unter Umständen sogar Jahre hinweg, zu einer bösartigen Veränderung. Man kann ihn also früh erkennen“, erklärt Plötz.

Sandra Walter hat heute realisiert, wie ernst die Situation vor ein paar Monaten für sie war: „Ich habe im ersten Moment gesagt, dass es für mich nur nach vorne geht und ich den Kampf angehe; so manche Emotionen habe ich da auch erst einmal verdrängt. Heute realisiere ich es vielmehr.“ Die Diagnose und Behandlung sieht sie als besondere Momente in ihrem Leben, die sie und ihre Familie sicherlich verändert haben. Umso mehr dankt sie den Menschen in ihrem Umfeld, ihrer Familie, Freunden und auch Arbeitskollegen, und berichtet anderen von ihrem Glück, den Krebs frühzeitig entdeckt zu haben.